HUNDERUCKSÄCKE PHYSIOTHERAPEUTISCH BETRACHTET

Beim Thema “Hunderucksack” scheiden sich in der Hundewelt die Meinungen. Die einen empfinden einen Rucksack für Hunde als nützlich, die anderen verteufeln ihn als menschengemachten Unsinn.

• Aber was ist eigentlich dran am “Hunderucksack”?
• Welche Auswirkungen hat er auf den Hundekörper?
• Welchen Nutzen bietet er meinem Hund?
• Wie viel Gewicht darf ein Hund eigentlich tragen?

Verschiedene Rucksäcke für Hunde

Schlägt man auf die Schnelle online nach, liest man schnell von 25-30% des Körpergewichtes, mit dem man den Hund maximal belasten sollte. 25%? Das sind bei meinen ca. 30kg Hunden jeweils 7,5kg – das ist schon eine ordentliche Nummer! Aber warum?

Der Hunderucksack und die Anatomie

Alle guten Rucksäcke sind ähnlich geschnitten und liegen vor allem im vorderen Drittel der Wirbelsäule auf. Dadurch belastet das Zusatzgewicht vor allem die Vorderhand des Hundes und seine Halte- und Atemmuskulatur – Muskelgruppen die häufig bei unerkannten Problemen der Hinterhand überbelastet sind.

Aber warum?

Die mittlere Gewichtsverteilung aller Rassen auf Vorder- und Hinterhand ca. bei 60:40 liegt (‘Hunde in Bewegung’ M. Fischer, K. Lilje, S.50). Das heißt im Schnitt lasten die meisten Hunde zwei Drittel ihres Gewichtes auf den Vordergliedmaßen. Dazu kommt noch die ungleiche Gewichtsverteilung in anderen Bewegungsarten wie dem Galopp. Im Galopp lastet bei einem Labrador durch Fallbeschleunigung das 2,6-fache seines Körpergewichts auf einer Vorderhand bei einer Geschwindigkeit von 27km/h (höchster gemessener Wert, Bryant et al. 1987: ‘Forces exerted on the ground by gallopping dogs’).

Wie finde ich also heraus, ob mein Hund einen Rucksack tragen kann?

Tierphysiotherapeuten sollten in der Lage sein, den Stand eures Hundes zu beurteilen und ob sein Exterieur grundsätzlich dafür geeignet ist, einen Rucksack zu tragen und Last aufzunehmen.

Bei meinen eigenen Hunden habe ich die mittlere Gewichtsverteilung der Vorder- und Hintergliedmaßen ohne und mit einem Rucksack gemessen. Beide Hunde wiegen knapp über 30 Kilogramm. Der Rucksack (Ruffwear Palisades) plus Inhalt wog 2,8kg.

Ruffwear Approach Pack - Hundesportrucksack


Es wurde schnell deutlich, dass Meeko in der Lage ist, das Gewicht auf den ganzen Körper zu verteilen, während Mira die Last komplett in der vorderen Körperhälfte aufnimmt. Im Mittelwert belastete sie beim Tragen des Rucksacks ihre Vorderhand mit 4% des Gesamtgewichts mehr. Entsprechend wären vor allem die Muskulatur und die Gelenke der Vordergliedmaßen betroffen. Bei einer ausgeglicheneren Verteilung wie bei Meeko, hat der Körper die Möglichkeit das Gewicht gleichmäßig auf alle vier Beine zu verteilen.

Ausschlaggebend hierfür ist auch die Art der Last und wie sie verteilt ist. Das Gewicht muss gleichmäßig auf beiden Seiten verteilt werden, aber auch auf vorn und hinten. Eine gut gefüllte Wasserblase auf beiden Seiten bietet dabei eine gleichmäßigere Gewichtsverteilung, als mehrere ungleich schwere Gegenstände.Im späteren Verlauf wurde die Belastung während langsamer Bewegung getestet. Meeko wurde hierfür jeweils 10 Minuten auf dem Laufband geführt, einmal ohne Last und einmal mit 2,8kg (Approach mit zwei Wasserblasen).

Das konnte ich beobachten:
• Gesamtkörperspannung nahm zu
• vorhandene Durchtrittigkeit verschlechterte sich im Laufe des Tests nicht
• Beweglichkeit der Halswirbelsäule war gleichbleibend
• Schrittverkürzung aller vier Gliedmaßen
• Beine werden mehr unter dem Körper geführt
• gespannte Bauchmuskulatur –> auffallende Beckenrotation, aufgezogene Lendenwirbelsäule

Die Hitzeentwicklung bei 27°C Außentemperatur hielt sich unter dem Material in Grenzen, ist aber niemals außer Acht zu lassen.

Ruffwear Approach Pack - Hundesportrucksack

Welchen Nutzen hat mein Hund vom Tragen eines Rucksacks?

Arbeitswillige und aktive Hunde können im Tragen eines Rucksackes gezielt körperlich und geistig ausgelastet werden, Hunde können an der Aufgabe „wachsen“, für die etwas zuständig zu sein. Diese andauernde Belastung sorgt für einen Muskelzuwachs in sämtlicher tragender und stabilisierender Muskulatur. Dabei profitiert vor allem die Muskulatur, die für die Rumpfaufhängung zuständig ist, da der Rumpf beim Hund komplett muskulär mit den Gliedmaßen verbunden ist.

Die Wirbelsäule wird beim Hund horizontal belastet und nicht vertikal wie beim Menschen. Das bedingt eine funktionelle und gesunde Wirbelsäule. Bereits vorhandene Veränderungen wie bspw. Wirbelengstellen oder Spondylosen sind Schwachstellen in der Wirbelsäule, die unter zusätzlicher Belastung schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können. Bevor ich meinen Hund mit zusätzlichem Gewicht belade, sollte ich also dessen mehr oder weniger auffälligen Baustellen kennen.

Mehr zu diesem Thema findest du in unserer aktuellen Der Hundling Magazin Ausgabe

Zur Autorin

Ich heiße Denise Töpfer, bin 33 Jahre alt und unter anderem als Hundephysiotherapeutin in Bremervörde und Umgebung unterwegs. Zu mir gehören zwei Katzen und zwei Hunde: Meeko, 3-jähriger Jagdhund-Mix-Rüde und Mira, 6jährige Rottweiler-Mix-Hündin. Obwohl beide mit orthopädischen Problemen bei uns eingezogen sind, sind wir unterschiedlich sportlich aktiv und gehen am liebsten den ganzen Tag wandern. Auf meinen Social Media Kanälen berichte ich gern davon und schreibe außerdem gern über Physio-Themen, die einem als Hundehalter im Alltag immer wieder begegnen.

Facebook: www.facebook.com/hundetoepferei
Instagram: @hundetoepferei
Website: https://hundetoepferei.de